Besuch bei schwedischen Kaninchenzüchtern in Brämhult 25.- 28. Mai 2006

Im Spätherbst 2004 bekam ich eine E-Mailanfrage aus dem benachbarten Land Schweden. Eine schwedische Kaninchenzüchterfamilie hatte Interesse an grauen Wienerkaninchen aus Deutschland. Nach einigen E-Mails, welche hin und her geschickt wurden, kam es zu einem Besuch in Deutschland. Darüber wurde im Bericht „ Einkaufstour in Deutschland“ bereits ausführlich berichtet.

Aus den anfänglichen E-Mailkontakten entwickelte sich eine intensive schwedisch deutsche oder deutsch schwedische Züchterfreundschaft. Es war nun endlich an der Zeit, die Züchterfamilie  nach gut einem Jahr Internetkontakt und zwei Deutschlandbesuchen in Schweden zu besuchen.

Wir, meine Frau und ich, planten die Reise vom 25. bis 28. Mai 2006. Die Vorbereitungen begannen bereits im zeitigen Frühjahr. Es wurden Erkundigungen über notwendige Unterlagen für die Einfuhr der Kaninchen von Schweden nach Deutschland beim Amtstierart in Halle sowie beim Veterinäramt  Halle eingeholt, damit keine möglichen Schwierigkeiten bei der Rückreise auftreten konnten. Diese Problematik war zu meinem Erstaunen gar nicht so schwierig. Es gab für den Transport der Kaninchen von Schweden nach Deutschland keinerlei Sonderbestimmungen, welche beachtet werden mussten. Es wurde mir geraten eine Bescheinigung vom Tierarzt einzuholen, wo bestätigt wird, dass die Kaninchen gesund und nicht von Seuchen befallen sind.  

Dies teilte ich meinen schwedischen Zuchtfreunden mit.

Am frühen Morgen des 25. Maies ging es dann endlich auf die Reise nach Boras, OT Brämhult. Die Reisebedingungen konnten nicht besser sein. Die Sonne begleitete uns bis nach Rostock zur Fährüberfahrt. Pünktlich 11:00 Uhr legten wir vom Festland ab und durchquerten die Ostsee in Richtung ……………(Dänemark). Es war noch keine Hochsaison und doch war es für uns Landeier erstaunlich, wie reibungslos das Verlassen der Fähre der ca. 200 Fahrzeuge funktionierte. Gegen 13:00 Uhr ging ist dann quer durch Dänemark in Richtung Helsingör. Nach gut 2 Stunden Fahrzeit in Helsingör angekommen setzten wir mit der Fähre nach Helsingborg über. Nun waren wir in Schweden und nach Boras waren es dann „nur“ noch 2,5 Autostunden. Gegen 19:00 Uhr erreichten wir den Zielort. Dort wurden wir mit schwedischer Gastfreundlichkeit empfangen.

Etwas erschöpft von der langen Fahrt  sowie nach einer kleinen Stärkung, wurden noch die schwedischen Kaninchen betrachtet und etwas gefachsimpelt. Kurz vor dem Zufallen der Augen wurde der Ablauf des nachfolgenden Tages abgesprochen. Nicht erwartend hieß es zeitig aus den Federn, denn es stand ein scharfes Tagesprogramm an. Um 9:00 Uhr war eine Stallbesichtigung bei Gunnar Danielsson in Herrljunga geplant. Dies war etwa 50 km von Brämhult entfernt. Gunnar Danielsonn züchtet neben den Grauen Wiener noch Sachsengold und Russenkaninchenschwarz-weiß.

An der Stallanlage von Gunnar Daneilsson lernte ich den Vorsitzenden der schwedischen Kaninchenzüchter, Ake Johansson, kennen. Er wollte unbedingt die Zuchtfreunde aus Deutschland persönlich kennen lernen.  Zuchtfreund Johansson ist zeitlich mit seinen ehrenamtlichen Funktionen so eingebunden, dass er selbst zurzeit keine Kaninchen züchten kann. In dem schwedischen Kaninchenverband werden von etwa 2.600 Züchter Rassekaninchen  in   den verschiedensten Rassen gezüchtet. Die meisten von den 62 Rassen des schwedischen Standards werden auch in Deutschland gezüchtet, jedoch gibt es auch Rassen, die nur in den Nordländern vorkommen.  Umgekehrt haben auch wir in Deutschland Rassen, welche in Schweden nicht gezüchtet werden.

 

Nach reichlichen 1 ½ Stunden fuhren wir zum Zuchtfreund Hilbert Andersson in den Ort Vara. Zuchtfreund Andersson hat neben den Grauen Wiener, welche eine prima Fellqualität aufweisen, noch Blaue und Schwarze Wiener sowie Castor Rex Kaninchen in seiner Stallanlage. Mit Hilfe von Armem, Händen, Füßen, Kopf und alles was man sonst noch bewegen konnte wurde sich versucht zu verständigen um züchterische Erfahrungen auszutauschen.

Auch Zuchtfreund Andersson hat einen Grauen Wiener Zuchtrammler aus Deutschland.

Auf dem Hof und in der Stallanlage des Zuchtfreundes Andersson wurde eine Tierbesprechung für uns durchgeführt.

Gegen 13:00 Uhr ging es dann weiter zum Zuchtfreund Alfred (Affe) Hedlundson (E-Mail: alfred@sisu.o.se), welcher auch als Preisrichter tätig ist. Alfred züchtet nicht nur Kaninchen, sondern auch Tauben und Hühner. In seiner Zuchtanlage sind Deutsche Riesenschecken schwarz weiß, Alaska, Kleinsilber hell sowie die in Deutschland nicht bekannten kleine Blaue Wiener. Diese haben ein Gewicht von höchstens 3,5 kg und stehen ihren großen Vertretern in nichts nach. Wir verbrachten ein knappe Stund bei den Kaninchen und begutachteten einige Exemplare. Unterschiede zu den in Deutschland gezüchteten Kaninchen gibt es nicht. Alfreds Tiere sind von bester Qualität und haben eine gute Kondition.

Nach einem kleinen Nachmittagssnack bei der sehr gastfreundlichen Züchterfamilie Hedlungsson war die Rundreise durch Mittelschweden am späten Nachmittag beendet. Noch beeindruckt von den vielen neu erworbenen Erfahrungen sowie der weite des Landes wurde am Abend in der Stallanlage von Lillemor und Magnus  weiter gefachsimpelt.

Am Samstagvormittag wurden die ausgewählten Kaninchen, welche die Reise mit nach Deutschland antreten sollten, dem Amtstierarzt in Boras vorgestellt. Es wurde eine Gesundheitszeugnis ausgestellt, welches mir bescheinigte, dass die 3 Kaninchen frei von Krankheiten und somit reisefähig sind und nach Deutschland dürfen. Es war schon interessant, mit welcher Gründlichkeit die Kaninchen in der Tierpraxis untersucht wurden. 

Nach dem die Kaninchen wieder in der Stallanlage untergebracht wurden, ging es am Mittag zu einer Kaninchenschau in die Ortschaft Olofstorp. Eine Ausstellung wie in Deutschland auch. Auf den ersten Blick schien es auch so, jedoch wurde mein Blick getäuscht. Der Ablauf einer Ausstellung in Schweden ist anders als in Deutschland. Die Bewertung der Tiere findet während der Öffnungszeit der Ausstellung statt. Die Preisrichter fingen am Samstagmorgen um 8:00 Uhr mit dem Bewerten der Ausstellungstiere an. Die 290 Kaninchen wurden von 4 Preisrichtern bewertet.

Die Gehilfen, acht an der Zahl, bringen in verbandeigenen Transportkisten in einer Größe mit gleichem Gewicht die Kaninchen vom Ausstellungskäfig zum Wiegen und weiter zum Preisrichter. Das heißt, jedes Tier wird bevor es zum Preisrichter kommt gewogen, egal ob Jung- oder Alttier. So hat der Preisrichter mit dem Wiegen nichts zu tun. Das Gewicht wird vom Wiegeobmann in eine Liste und auf die Bewertungsurkunde eingetragen. Der Preisrichter trägt auf der Bewertungsurkunde die entsprechende Punktzahl laut Gewichtstabelle für die Position 1 ein, maximal 5 Punkte. In der Position 2 können maximal 10 Punkte für Rasseform und Präsentation vergeben werden. In Position 3 können bis zu 40 Punkten für die Körperform, in Position 4 können bis zu 10 Punkte für die Fellqualität vergeben werden sowie maximal 10 Punkte gibt es in Position 5 für die Felldichte. 20 Punkte kann der Preisrichter in Position 6 für die Farbe und Zwischenfarbe sowie maximal 5 Punkte in der Position 7 für den Pflegezustand vergeben. Bei einer Punktzahl von 95,5 oder 96 Punkten ist das Einverständnis des Obmannes einzuholen. Dabei wird das Tier von den anwesenden Preisrichtern begutachtet und die Note vergeben. Hierbei sind die jüngeren Kaninchen immer benachteilig, da es in Schweden keine ausgeprägten Jungtierschauen gibt. Auch ist das Zuchtjahr nicht so wie in Deutschland definiert.

Die Züchter hatten bis Ende 2004 ihre eigenen Systeme zum tätowieren. So wurde in das linke Ohr eine fortlaufende Geburtsnummer (z.B. 001, 002, 003, …) eingetragen. In das rechte Ohr kam je nach Region ein Buchstabe (z.B. „P“ für Boras und Umgebung). Dabei hatte jeder Zuchtbuchführer eine eigene Seriennummer und nur erwachsene Tiere mit einer Mindestbewertung von 92 Punkten wurden dann gekennzeichnet. Dieses Verfahren wurde 2005 umgestellt. In das linke Ohr wurde z. B. „567“ tätowiert. Die Zahl „5“ bezieht sich auf das Geburtsjahr 2005, die Nummer „6“ bezieht sich auf die Nummer des Wurfes im laufenden Jahr und die Zahl „7“ ist die laufende Nummer des Wurfes, wobei auch die Rammler zuerst gekennzeichnet werden.

In das rechte Ohr kommt ein Buchstabe mit einer Zahl (z.B. „C60“). Hier hat jeder Züchter seinen eigenen Buchstaben mit Zahl. So lauten die Kennzeichnung mit der Kombination „C60“, die Kennzeichen der Kaninchen von Lillemor und Magnus Ljungberg.       

In der Auswertung oben genannter Ausstellung wurde ein Kaninchen mit 96 Punkten Sieger. Ein Ergebnis von über 96 Punkten ist in Schweden sehr selten. Die Tiere, welche auf schwedischen Ausstellungen mit 95; 95,5 und 96 Punkten bewertet werden, sind mit den in Deutschland mit 96,5 bis 97,5 Punkten bewerteten Kaninchen zu vergleichen. Mein in Deutschland mit 2 x 97 Punkten bewerteter nach Schweden ausgereister Grauer Wienerrammler ereichte 95,5 Punkte. Lillemor sagte, dies ist eine klasse Bewertung.

Es gibt auch Sammlungspreise. Jedoch werden meistens die Tiere als Einzeltiere ausgestellt.

 

Als Gäste aus Deutschland wurden wir durch das Ausstellungsgelände begleitet und nahmen  gute Eindrücke mit nach Hause.

 

Am Sonntagmorgen machten wir und dann mit unseren neuer Reisebegleiter, zwei Alaska Kaninchen und eine Graue Wiener Häsin auf die Rückreise nach Deutschland. Das Rückreisewetter war nicht sehr erfreulich, es regnete die gesamte Fahrstrecke in Schweden, erst als wir an der Fährüberfahrt in Helsingborg ankamen lachte die Sonne und entgegen. Mit etwas Verspätung kamen wir gegen 20:00 Uhr in Halle an und konnten unseren Kaninchenzuwuchs aus den Transportkisten in die vorbereiteten Ställe setzen. Die schöne jedoch doch etwas anstrengende Reise ging zu Ende.

 

Ein nächstes Treffen mit Lillemor und Magnus ist während der Europaschau in Leipzig vorgesehen.

Von hieraus auch viele Grüße an Zuchtfreund Horst Lücke aus Norderstedt. Durch den Zuchtfreund Lücke kam die Verbindung nach Schweden zustande, da er zu der damaligen Zeit keine Tiere für die Zuchtfreunde aus Schweden zur Verfügung hatte.

 

 

Bildmaterial zu der Reise ist auf meiner Homepage www.kaninchenzucht-dietrich.de zu sehen, wo auch andere Hinweise (z.B. Ausstellungstermine, Ausstellungskataloge usw.) zu finden sind.

 

Wolfgang Dietrich, G422 Siersleben